Wort des Lebens - März 2016

„Das Reich Gottes ist schon zu euch gekommen.“ (Lukas 11,20)

Das war es, was die Juden seinerzeit erwarteten und was Jesus verkündete, als er begann, durch die Städte und Dörfer zu wandern: „Das Reich Gottes ist euch nahe“.1 Und kurze Zeit später: „Das Reich Gottes ist schon zu euch gekommen“2 und: „Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch“.3

In der Person Jesu ist Gott selbst mitten unter sein Volk gekommen und hat kraftvoll die Geschichte in die Hand genommen, um sie zu ihrer Bestimmung zu führen. Die Wunder, die Jesus vollbrachte, waren ein Zeichen dafür.

In dem Abschnitt des Evangeliums, aus dem das „Wort des Lebens“ entnommen ist, hat Jesus gerade einen Stummen geheilt, indem er ihn von dem Dämon befreite, der ihn gefangen hielt. Damit zeigt er, dass er gekommen ist, um das Böse, jedes Böse, zu besiegen und schließlich das Reich Gottes zu errichten.

Der Ausdruck „Reich Gottes“ bezeichnete im jüdischen Sprachgebrauch Gott, der sich für sein Volk einsetzt, der es von jeder Art von Versklavung und jedem Unheil befreit, der es zur Gerechtigkeit und zum Frieden führt und es mit Freude und Glück überschüttet. Es ist jener Gott, den Jesus als „Vater“ bezeichnet, der barmherzig ist, voller Liebe und Mitleid, der genau weiß, was jedes seiner Kinder braucht und woran es leidet.

Auch uns tut es gut, uns von Jesus sagen zu lassen: „Das Reich Gottes ist schon zu euch gekommen.“ Wenn wir uns umschauen, haben wir vielleicht oft den Eindruck, dass die Welt vom Bösen beherrscht ist, dass die Gewalttätigen und Korrupten die Oberhand behalten. Hilflos fühlen wir uns widrigen Umständen und bedrohlichen Ereignissen ausgeliefert. Ohnmächtig erleben wir Kriege und Naturkatastrophen, Massaker und Klimawandel, Flüchtlingswellen und Finanzkrisen. Und hier mitten hinein erklingt die Ankündigung Jesu, der uns sagen will, dass er schon jetzt das Böse besiegt und eine neue Welt aufbaut.

Im März vor 25 Jahren hat Chiara Lubich Tausenden von Jugendlichen ihren Traum ans Herz gelegt: „Eine bessere Welt, in der die Menschen zu einer einzigen Familie gehören, eine einzige Heimat haben, in einer solidarischen Gemeinschaft, einer geeinten Welt leben.“

Damals wie heute schien das eine utopische Vorstellung. Um diesen Traum zu verwirklichen, lud Chiara Lubich die Jugendlichen dazu ein, in der gegenseitigen Liebe zu leben. So könne „Jesus selbst, der Allmächtige“, in ihrer Mitte sein. „Und von ihm kann man sich alles erwarten.“

Ja, er ist das Reich Gottes.

Und was ist unsere Aufgabe dabei? So zu leben, dass er unter uns sein kann. Denn dann, so fuhr Chiara Lubich damals fort, „wird er selbst mit euch zusammen in euren Ländern arbeiten. Er, der durch eure gegenseitige Liebe, eure Einheit unter euch Gestalt annimmt, wird gewissermaßen zurückkehren in diese Welt, an alle Orte, wo ihr euch befindet. Er wird euch klarmachen, was zu tun ist, wird euch leiten, euch unterstützen, euch Mut machen, euch anfeuern, euch begeistern. Durch ihn wird sich die Welt um euch herum zur Eintracht bekehren; er wird jeden Bruch kitten ... Es kommt auf die Liebe an: unter euch, in jedem Winkel der Erde, unter Einzelnen, Gruppen, Nationen, auf jede erdenkliche Weise. Es braucht eine Invasion der Liebe, die auch durch euren Beitrag an Durchschlagskraft gewinnt, eine Gesellschaft der Liebe, auf die wir alle warten. Dazu seid ihr berufen. Und dann werdet ihr große Dinge sehen.“4

Fabio Ciardi

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1) Lukas 10,9; 2) Lukas 11,20; 3) Lukas 17,21; 4) Rede von Chiara Lubich beim internationalen Festival (Genfest) der „Jugendlichen für eine geeinte Welt“, Rom, 31. März 1999.

 

 

© Alle Rechte an der deutschen Übersetzung beim Verlag NEUE STADT, München

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